Viral
Da lacht der Darm, da juckt die Leber! Area-Control mit vollem Körpereinsatz
Da lacht der Darm, da juckt die Leber! Area-Control mit vollem Körpereinsatz
Vor ein paar Jahren habe ich im Sommer verschimmelte Erdbeeren gegessen. Als ich merkte, dass ich graue Gammelfrüchte zu mir nahm, war es schon zu spät und der Kollateral-Schaden ließ nicht lange auf sich warten. Um vier Uhr nachts stand ich plötzlich senkrecht im Bett und es fühlte sich an als würde Freddy Krüger seine neue Maniküre direkt an meinen Eingeweiden ausprobieren. Ähnlich wird es vermutlich der Person auf dem Spielplan von “Viral” gehen. In dem kompetitiven Area-Control Spiel, welches im deutschsprachigen Raum von Corax Games realisiert wurde, schlängeln sich 2 bis 5 Spieler als Virenstämme durch den Körper und verbreiten soviel Unbehagen wie möglich.
Nach fachmännischer Sichtung des Spielmaterials wartet “Viral” mit einem kunterbunten Körper-Regionen-Spielplan, liebevoll illustrierten Karten und Viren-Markern auf. An einer Augenkrankheit litt man bei der Gestaltung von “Viral” definitiv nicht. Um das Regelstudium von “Viral” voranzutreiben braucht es kein ebensolches. Leicht verständlich und gut beschrieben offenbart sich auf wenigen Seiten der Ablauf eines Spiels. Dieses ist in 6 Runden á 6 Phasen unterteilt und gibt den Spielern die Möglichkeit als Bazillen und Bakterien so richtig durch den Körper zu fegen. Dabei breiten die Spieler sich mit Ihren Virenstämmen aus, verstärken die Immunität ihrer Bakterien, greifen Körperregionen an und bewegen sich über Arterienbahnen fröhlich durchs Herz-Kreislauf-System. Alles zum Leidwesen des Geschädigten.
“Viral” ist kartenbasiert. Jeder Spieler startet mit einem identischen Kartensatz. Aus seinen Handkarten selektiert man eine Körperregion, in der man sein Unwesen treiben möchte sowie mit einer zweiten Karte die Tätigkeiten der Viren. Diese Selektion geschieht verdeckt. Dabei spannend und strategisch ist, dass die ausgewählten Karten in der nächsten Runde nicht zur Verfügung stehen. Erst im späteren Verlauf erhält man diese Karten wieder zurück auf die Hand. Pro Runde gibt ein offenliegendes Ereignis kund, was im Körper grade so rumort und welche Weh-Wehchen der Patient mit sich herumträgt. Dahingehend können die Spieler dann ihre Aktionen planen. Es wird infiziert, Viren wandern, Gedärme kollabieren und andere Viren werden vernichtet oder erforscht. Wer pro Runde in einer Körperregion der vorherrschende Virus ist erhält Virenpunkte. Wer sich am Ende von Runde 6 die meisten Virenpunkte gesammelt hat, ist der bösartigste Bazillus und gewinnt die Partie.
Eine Runde “Viral” dauert um die 60 Minuten und nie hat man das Gefühl nicht aktiv involviert zu sein. Bei Kollapsen oder direkten Virenangriffen von einem verfeindeten Bazillus ist praktisch immer Interaktion der Spieler gegeben. Eine hohe Downtime gibt es dabei auch bei einer vollen Belegung nicht. Ab und an kann das Auswählen der Karten mal etwas taktischer werden. Aber darüber sieht man gerne hinweg. Guckt man sich einfach ein wenig länger die tollen Grafiken auf den Spielkarten an. Thematisch könnte “Viral” und die Interaktionen nicht besser umgesetzt sein. Sofort fühlt man sich wie ein fieser Krankheitserreger der sich heimtückisch breit macht. Von mir aus könnte eine Runde des Spiels auch länger dauern als eine Stunde. Einem Run-Away-Leader wird mit einer netten Catch-up-Mechanik beigekommen und in “Viral” darf man durchaus jede kleine Gehirnzelle richtig anstrengen, denn jeder Zug will gut durchdacht werden. Wo gewinne ich die Vorherrschaft, wie weit komme ich im Venenstrang und wie viele Viren kann ich noch platzieren ohne dass mein Gegner mich aus dem Dickdarm spült?
“Viral” überzeugt durch ein einfach verständliches Spielprinzip, das verknüpft mit einer frischen unverbrauchten Thematik für Viel Spaß am Spieltisch sorgen kann. Ein Rezept für “Viral” stellt meeplove bedenkenlos für Vielspieler als auch Familien und Spielneulinge aus.
Öffnet man die Box von Viral ist man überrascht wie wenig Spielmaterial sich in der Schachtel befindet. Bringt man aber eine Partie hinter sich vermisst man rein gar nichts. Plastikschlachten, die andere Verlage für so eine Art von Area-Control Spielen auffahren, sind hier nicht nötig um Spaß mit Freunden und Familie zu haben. Alles ist durchdacht, grafisch schön aufbereitet und wir freuen uns schon auf eine Erweiterung des Spiels. Unsere Co-Autorin Leia wünscht sich hierfür Virenbefall im Dackeldarm 🙂