Aaron Dill, John Kovaleski und Sean Sweigart
Sons of Anarchy – oder besser gesagt „Friss Staub Digger“
Die staubige Straße bebt unter meiner Harley. Der letzte Rest der Sonnenstrahlen reflektiert sich auf meiner gespiegelten Sonnenbrille und durch den Fahrtwind haben meine Haare mehr Bewegung, als ein brasilianischer Frauen-Arsch an Karneval. Mit einem entschlossenen Lächeln im Gesicht cruise ich mit meinen Kumpels aus dem Motorad-Club Richtung Sonnenuntergang. Ein anderer MC vertickt in unserem Gebiet Drogen. Und wir wollen den Bitches klarmachen, dass uns keiner ins Bier pisst. UNS NICHT!!
Ich schaue rüber zu meinem Kollegen One-Eye. Ein Brocken an Kerl 120 Kilo Wutmasse verteilt auf 197 brachiale Zentimeter. Sein 5-Tage Bart ist genauso graumeliert wie seine zum Zopf gebundenen Haare. Sein eines noch intaktes Auge, das alleine Geschichten erzählen könnte, fixiert dich. Irgendwo zwischen Wut und Fürsorge nimmt der Blick dich in seinen Bann. Er öffnet seinen Mund und du stellst dich auf seinen tiefbrummenden Bass ein… doch zu deinem Erschrecken und entsetzen spricht er mit Sabrinas Stimme: „Hör auf zu träumen Nicolas und mach deinen Zug. Sonst werden wir mit dem Spiel nie fertig.“
Spiel??? Was??? Ach ja! Der Straßenstaub macht sich aus dem Staub und ich komme wieder in der Realität an: Meine Harley ist nur ein Küchenstuhl, die untergehende Sonne eine Stehlampe und ich spiele mit Sabrina und anderen Freunden Sons of Anarchy – Men of Mayhem.
Wie man unschwer dem Namen des Spiels entnehmen kann, handelt es sich bei SoA – Men of Mayhem um ein Lizenz-Produkt der erfolgreichen TV-Serie. Alleine bei dem Wort “Lizenz-Produkt“ fährt der Biker in mir gegen die Magenwand und bereitet mir somit Übelkeit. Zu oft schon wurde auf ein tolles Franchise ein beschi**enes Spiel gezimmert. Wobei man eingestehen muss, dass es durchaus echte Perlen unter den Lizenz-Produkten gibt. Gehört SoA – Men of Mayhen dazu? Ja! Und Nein… aber dazu später mehr. Erstmal zum Ablauf.
Bierdeckel fungieren als Dreh- und Angelpunkt in einem einfachen Regelkorsett
In den vorgegeben sechs Runden versucht man als Präsident eines – aus der Serie bekannten – Motorrad Clubs, das meiste Geld zu scheffeln. Drogen, Nutten, Waffenhandel, Erpressung, alles was Geld bringt ist zwar nicht legal, aber …äh „erlaubt“. Genauso erlaubt ist es, Allianzen zu schließen, Versprechungen zu machen und sich dann nicht daran zu halten.
Das modulare Spielfeld besteht aus verschiedenen, zu Begin nur teilweise enthüllten, Orten in Form von Bierdeckeln (BIERDECKEL!!!). Auf diese verteilt man dann man seine Member. Steht man alleine, kann man die dortige Aktion durchführen. Gesellen sich Member eines anderen MCs hinzu gibt es mehrere Möglichkeiten: Abhauen, Füße stillhalten, weitere Member platzieren oder Kampf. Der Kampf selbst gestaltet sich äußerst simpel, was sich perfekt in den Spielfluss einfügt. Durch die generell schnellen Züge der einzelnen Spieler entsteht kaum Downtime und das wenige was entsteht benötigt man um seine Pläne zu schmieden …oder neu zu gestalten. Die Anzahl der möglichen Aktionen ist proportional zu der Anzahl der Member (Prospects nicht mitgezählt) im eigenem Club und jeder Runde werden weitere Orte offenbart. Und mit jedem Ort kommen neue Aktionen, um die man teilweise Kämpfen muss.
Lässt man kleineren Dinge wie Beispielsweise Prospects zu Membern aufsteigen lassen, der „Warenverkauf“ zum Rundenabschluss oder dafür zu sorgen, das man durch seine Aktionen nicht ins Visier der Polizei gerät, außer Acht, ist man mit den Regeln für SoA – Men of Mayhem im Grunde durch.
„It´s not easy being mean“ würde wohl Kermit als Biker sagen
Man sollte aber nun nicht glauben, dass das Spiel einfach zu meistern ist. Es ist nur einfach zu erklären. Der Rest liegt an den eigenen planerischen und taktischen Fähigkeiten, den Mitspielern und der eigenen Bereitschaft eben jene skrupellos zu bescheißen. Man kann Sons of Anarchy zwar auch friedlich spielen, aber mal ehrlich, warum sollte man?
SoA – Men of Mayhem punktet nicht durch ausgeklügelte Mechanismen oder kiloschweren Regeln. Nein, es punktet durch Feeling und daraus resultierendem Spielspaß. Es macht Spaß den anderen ordentlich die Tour zu verhageln und man sinnt auf Rache, wenn man wegen eines Mitspielers nicht die gewünschte Aktion durchführen kann. Man sollte sich nicht von der Aufmachung abschrecken lassen. Im Kern ist SoA ein simples Workerplacement Spiel mit einem speziellen Themenschwerpunkt.
Zurückkommend auf die Frage, ob das Spiel eine gute Umsetzung der TV-Serie ist, muss weiterhin mit einem überzeugten JEIN beantwortet werden. NEIN deshalb, weil Erwartungen die Geschicke von Jax, Clay, Gemma und anderen Hauptakteuren der Serie zu lenken und mehr auf Story baut, enttäuscht werden. JA deshalb, weil es ein sehr gutes und thematisches Spiel ist, dass die Grundstimmung der Serie gekonnt aufs Brett zaubert. Man darf sich nur nicht zu fein sein, ein Schwein zu sein, oder wie Juice – einer der Charaktere in SoA – es so treffend formuliert: „I’m a rat. What makes you think I wouldn’t be a liar too?”