Urtis Šulinskas
Die weltgrößte Spielemesse 2018 hat vor drei Wochen ein Ende gefunden. Über 190.000 Besucher bescherten der Brettspielmesse in Essen einen erneuten Rekord. Weit über 1.150 Aussteller präsentierten ca. 1.400 Neuheiten aus dem Brett- und Kartenspielbereich. Was für eine Masse an neuen Eindrücken. Wie soll man da die berüchtigte Nadel im Heuhaufen finden. Wie ist es möglich hier eine innovative Veröffentlichung auszumachen.
Im Vorfeld der Messe-Recherche stieß meeplove auf das neue Familienspiel “Planet” von Blue Orange Games. Planet besticht durch seine einzigartige Tischpräsenz, die durch vier 12-seitige Polyeder erzeugt wird. Aber worum geht es in dem Spiel Planet? Da muss ich kurz abschweifen…
Wir alle haben einen wahnsinnig heißen Sommer hinter uns. Genau wie mir, in der viel zu warmen Sommerzeit, geht es vielen Tierarten. Deren Umgebung verändert sich durch die stetige Erderwärmung immer mehr. Im Spiel Planet geht es für 2 bis 4 Spieler darum, den attraktivsten Planeten für diese heimatsuchenden Tiere zu erschaffen. In meinen kühnsten Träumen kann dies immer nur ein Eisplanet sein, denn wie viele treue meeplove Leser bereits wissen, habe ich eine starke Abneigung gegen gleißende Sommerhitze. Aber zurück zu Planet; dem Brettspiel.
Die Spieler schlüpfen in die Rollen von Göttern, die 12 Runden lang, durch geschicktes Auswählen und Platzieren von Erdoberflächenteilen auf Ihrem individuellen Planeten versuchen die unterschiedlichsten Tierarten zu sich zu holen. Wer am Ende die meisten Lebewesen auf seinem Planeten hat ist der Gewinner. Zusätzlich bringt eine Aufgabenkarte Spielvarianz in den Ablauf. Diese Aufgabenkarte nötigt den Spieler sich auf eine bestimmte Landschaftsart zu spezialisieren und bringt am Ende des Spiels nochmals wertvolle Punkte. Besonders für Vielspieler eine dankbare Komponente.
Zu Beginn des Spiels liegen alle Tiere offen, die sich Runde für Runde den Planeten der Spieler anschließen. Die Grafiken von Sabrina Miramon sind dabei funktional gehalten. Außer Frage steht jedoch, dass diese Frau ihr Werk versteht. Bei Abholung des Spiels hat Sie mir einen wundervollen Corgi in die Innenseite der Spieleschachtel von Planet gemalt, der mich extrem entzückt hat.
Pro Runde werden fünf magnetische Plättchen aufgedeckt. Nach Spielreihenfolge seltkiert man nun eines dieser Landschaftsteile und bringt sie auf den magnetischen Polyeder-Planeten auf. In den ersten zwei Runden besucht uns noch kein Tier. Am Ende des dritten Durchlaufs offenbaren erste Lebewesen Ihre Vorliebe für den ein oder anderen Planeten. Einmal ein Plättchen auf dem Planeten platziert, verbleibt es dort bis zum Ende des Spiels. Hier beginnt das wilde haptische Gehirnjogging. Ständig muss man geschickt planen, welche Landschaftstypen man aneinander legt und welche Arten man besser voneinander getrennt lässt, um gewissen Tieren den optimalen Lebensraum zu bieten. Alles soweit im Voraus geplant, dass man bis zum Ende von Runde 12 viele der offen ausliegenden Punktekarten für sich beanspruchen kann. Bei weitem nicht einfach.
Ständig drehen und wenden die Spieler ihre Planeten um jeden noch so geheimen Winkel ihres Polyeders optimal zu nutzen. Ein haptisches Fest. Bei der ersten Partie kam ich mir wirklich vor wie Christoph Columbus kurz vor der Entdeckung Amerikas. Die Augen können gar nicht erfassen, was der Planet alles an versteckten Möglichkeiten bietet.
Wer weit im Voraus plant, wird am Ende meist belohnt. Alle Karten im Blick zu behalten ist aber gerade für neue Spieler oft nicht leicht. Wer von Runde zu Runde die Auslage betrachtet und plant, hat bei Planet selten eine gute Chance. Dies führt auch zum Kritikpunkt: viel Informationsflut, der man Herr oder Frau werden muss. Jüngere Tischgäste und Wenigspieler können mit dieser Fülle an Input nicht immer ideal umgehen. Die Lernbereitschaft wird aber natürlich am Ende belohnt. Für noch mehr Abwechslung sorgt eine zweite Spielvariante mit weniger Planbarkeit. Hier sind nicht alle Karten offen sondern werden teilweise erst innerhalb der Runden aufgedeckt. So erspart man sich den ein oder anderen Hirnknoten.
Planet bietet eine ungewohnte Spielweise am Tisch. Ob diese Art Brettspiel langfristig zu vielen Spielrunden führt, bleibt abzuwarten. Nach ein paar Partien Planet, stellt sich auf jeden Fall schon eine gewisse Art von Besiedlungs-Routine ein. Trotzdem ist Planet von Blue Orange Games immer wieder eine spannende Herausforderung für Körper und Geist. Das fanden wohl auch viele Käufer auf der Spiel 2018. Von 1000 mitgebrachten Exemplaren waren am Ende alle Spiele restlos ausverkauft. Erschließt einen neuen haptischen Kosmos und sichert euch dieses Brettspiel der Extraklasse.
meeplove bedankt sich herzlich bei Blue Orange Games für das überlassene Rezensionsexemplar. Sabrina von meeplove bedankt sich bei Sabrina Miramon für die wundervolle Zeichnung im Innenteil der Spieleschachtel.