Freedom – The Underground Railroad
Wenn man Spiele fühlen kann
Wenn man Spiele fühlen kann
“Duckt euch” zischte Jessabelle. Wenn wir am Hafen von einem Sklavenjäger gesehen werden, dann war alle Mühe umsonst. Dicht gedrängt presste sich die kleine Truppe hinter den Holzverschlag. Es dämmerte bereits und mit großer Mühe war es einem der Gruppenführer gelungen vier Schiffsfahrkarten für die Überfahrt nach Kanada zu organisieren. Wenn man sie jetzt schnappte, war es vorbei. Sie würden zurück auf die Plantagen geschickt und müssten erneut bis zur völligen Entkräftung schuften. Diese Unterdrückung musste ein Ende haben. In Kanada wartete ein besseres Leben auf sie. Und dank der Hilfe von Jessabelle und ihren Mitstreitern war die Freiheit nur eine seichte Meeresbrise entfernt…An dieser Geschichte können wir im Spiel “Freedom – The Underground Railroad” mitwirken.
In dem kooperativen Spiel für 2 – 4 Spieler versuchen wir gemeinsam eine bestimmte Anzahl von Sklaven sicher über die kanadische Grenze zu bringen. Schaffen wir dies in der vorgegebenen Zeit gewinnen wir gemeinschaftlich. Mehrere Preise sahnte “Freedom” ab. Unter anderem vergab der Dice Tower einen Preis für das beste kooperative Spiel und auch den Titel für das beste Game mit historischem Thema konnte “Freedom” für sich verzeichnen. Völlig zurecht, denn selten fühlte ich mich mehr thematisch von einem Spiel eingefangen. Obwohl das Spielmaterial sehr abstrakt gehalten ist, komme ich mir vor wie ein Freiheitskämpfer, der für die Selbstbestimmung der Unterdrückten einsteht. Unsere Aufgabe in “Freedom” ist es eine Vielzahl von versklavten Menschen über die Grenze nach Kanada zu bringen und gleichzeitig möglichst viele Unterstützer für unsere Sache anzuheuern. Dabei müssen wir sowohl geschichtliche Gegebenheiten als auch die Routen der Sklavenfänger im Auge behalten. Drei Epochen lang haben wir dazu im Spiel die Chance. In jeder Epoche müssen wir uns Aktionen erkaufen und Unterstützung erlangen. Den Schwierigkeitsgrad können wir hierbei einstellen.
Jeder Spieler erhält ein Charakter-Tableau mit Zugübersicht und einer Sonderfähigkeit. Nun gilt es zusammen zu arbeiten und jede Runde – in “Freedom” sind es acht – so zu optimieren, dass man möglichst viele Sklaven von den Plantagen ins Landesinnere schickt und gleichzeitig Geld für Unterstützer und Wohltäter beiseite schaffen kann. Die Balance zwischen Bewegungen, dem Einsetzen seiner Fähigkeiten, sowie dem Investieren von wertvollem Geld ist hier die hohe Kunst. Immer im Auge zu behalten sind die möglichen Wege der Sklavenfänger. Des Weiteren sollte man seine Befreiungsaktion nie zu weit treiben, aber trotzdem immer risikobereit sein. Denn ohne ein Risiko ist es manchmal nicht möglich den größtmöglichen Anteil an Spendengeldern zu erwirtschaften. Außerdem je höher die Gefahr, desto weiter die Wegstrecken.
Zu Beginn einer Runde – der Slave Catcher Phase bestimmen zwei Würfel per Zufall welcher Sklavenfänger welche Route einschlägt. Danach planen die Freiheitskämpfer ihre Züge. Der interaktivste Teil: Sklaven werden auf Schiffs oder Landrouten bewegt, Gelder werden erwirtschaftet, Spenden eingesammelt und Unterstützer angeheuert. In diesem Spiel – anders als in vielen anderen kooperativen Spielen – werden die Aktionen jedes Spielers nacheinander abgehandelt und fast jede davon kostet Geld. Trotzdem bespricht man sich immer gemeinsam, was in “Freedom” unabdingbar ist. Gerade die Routen der Sklavenfänger müssen permanent neu berechnet und im Auge behalten werden. Und die Würfel können gnadenlos sein. Sind die bis zu vier Spieler mit Ihren Aktionen durch kommt die Sklaven-Markt-Phase in der neue Schiffe aus fernen Ländern am Hafen anlegen und eine Vielzahl an neuen Unterdrückten an die Plantagen ausliefern. Weisen diese nicht genug freie Plätze auf so sterben die Sklaven noch an Ort und Stelle. Extrem hart. Das können und wollen wir nicht zulassen, was den spielerischen Reiz noch mehr weckt.
Nicht nur einen spielerischen Reiz bietet uns “Freedom”. Auch der edukative Aspekt wird hier ganz groß geschrieben. Man lernt durch Karten Weggefährten dieser Zeit kennen und wird über Ereignisse wahrheitsgetreu informiert. Außer dem Spielmaterial ist hier nichts abstrakt wie beispielsweise in Pandemic Iberia. Hier wird konkrete Geschichte nachgespielt und etwas gelernt.
“Freedom” ist strategischer als man annimmt und beschränkt sich in seiner schlichten Beschaffenheit auf das Wesentliche. Ein Spielplan, Marker, Karten, Spielertableaus, zwei Würfel und Holzkomponenten. Es ist sowohl gut solitär als auch in Vollbesetzung spielbar und die Thematik bricht während des Spiels immer wieder durch. “Freedom” von Academy Games ist unbedingt einen Blick und eine Partie wert. Gerade für Vielspieler und Menschen, die sich etwas fernab der Brettspiel-Norm wünschen. Füllt euer Spielregal mit etwas Besonderem: einem Exemplar von “Freedom – The Underground Railroad”.