Emerson Matsuuchi
In Century: Fernöstliche Wunder sind alle verrückt nach Ingwer
Es gibt Leute die vergöttern gewisse Gewürze. Eine Kollegin von mir beispielsweise trinkt täglich literweise heißes Wasser versetzt mit Ingwerknollen. Faustgroße Stücke werden da in die Tasse gekippt. Mir läuft es schon bei der bloßen Vorstellung von Ingwer-Wasser kalt den Rücken runter. Aber manche Leute schwören auf diesen Energie-Kick in Form der scharfen Knolle. Gewürze gehen immer. Deshalb hat Plan B Games auch kürzlich den zweiten Teil zur Century Reihe veröffentlicht. Nach “Century: Die Gewürzstraße” folgt nun die Fortsetzung mit Namen “Century: Fernöstliche Wunder”.
2 – 4 Spieler versuchen sich in Century: Fernöstliche Wunder als segelnde Gewürzhändler, die Häfen ansteuern um Tee, Gewürznelken, Chilli und natürlich Ingwer kostspielig an eine Käuferschaft abzutreten. Der erste Teil des Spiele bestand zum Großteil aus Karten. Der zweite Teil des Spiels kommt gänzlich ohne aus. Dafür offenbart uns die Spielschachtel jede Menge Papp-Plättchen und Holz-Meeple in Form von Hütten und Schiffen. Und natürlich gibt es wieder vier Schalen mit Gewürzen.
In der Kürze liegt die Würze
Ein Sprichwort das man sich beim Verlag zu Herzen genommen hat. Deshalb ist auch Century: Fernöstliche Wunder mit einem sehr kurzen Regelwerk ausgestattet. Gerade mal auf zwei Seiten wird das komplette Spiel und der Ablauf erläutert. Die kurze Regel bietet wie auch schon der Vorgänger einen optimalen Einstieg für Neulinge und Wenigspieler. Wie spielt sich also so eine 30 Minuten-Partie Century 2? Ruhig! Und bedächtig. Denn das Spiel ist ein ganz schöner Brain-Burner. Wir starten mit unserem Frachtschiff auf die weiten Meere und segeln von Gewürzmarkt zu Gewürzmarkt. Dort schlagen wir unsere Hütten auf und tauschen auf den Märkten was das Zeug hält.
Hier machen wir aus Chilli ein paar Gewürznelken oder tauschen fünf Ingwerstücke gegen Tee ein. Diese Tausch-Mechanik macht Century aus. Was im ersten Teil mit Karten abgehandelt wurde, findet nun auf Plättchen und mit Meeple statt. Warum ist Century 2 ein Brain-Burner. Ganz einfach, das Spiel fordert ab, dass man sich viele Gedanken über sein Handeln macht. Fahre ich weiter und überlasse meinem Gegner einen lukrativen Handel oder warte ich ab bis ich die nötigen Gewürze für einen genialen Tausch parat habe.
Wartet man zu lange kann es passieren, dass hochpreisige Aufgaben schon von einem anderen Spieler erledigt wurden. Denn natürlich hat Century 2 auch eine Race-Komponente. Wer zuerst eine vierte Aufgabenkarte in einem Hafen erfüllt hat, läutet das Spielende ein. Alle anderen Spieler haben dann nur noch einen Zug. Das kann ganz schön ärgerlich sein. Insbesondere für die Spieler, die gerne mal Komponenten horten um dann in zwei, drei Zügen nochmal so richtig Fahrt aufzunehmen. Manches Mal bleibt einem dies verwehrt. Das muss man abkönnen. Bewegen ist bei diesem Brettspiel auch nicht so einfach, möchte man mehr Strecke als nur ein Feld zurücklegen braucht man schon ein Sonderplättchen oder muss mit teuren Gewürzen bezahlen. Ein gefundenes Fressen für die Gegenspieler, welche die gleiche See-Route abfahren und die duftenden Gewürznelken selbst einsacken.
Die Hütten treiben die Tauschmaschinerie an
Aufgestellte Hütten, die es einem erst ermöglichen eine Tauschaktion im Markt zu machen, können am Ende das Zünglein an der Wertungs-Waage sein, da diese auch nochmal Punkte geben. So kann ein fleißiger Hüttenbauer auch dann triumphieren, wenn bereits ein Spieler vor ihm das vierte Aufgabenplättchen erledigt hat.
Immer schön, wenn nicht nur eine stringente Strategie zum Sieg führt. Alles in allem ist uns Century: Fernöstliche Wunder doch einen Tick zu unaufgeräumt. Die Meinung von vielen Bloggern teilt auch meeplove: Hat man den ersten Teil der Reihe braucht man Century 2 nicht unbedingt im Regal. Besser könnte man folgende Schlussfolgerung aufstellen:
- Für Liebhaber von Kartenspieln – Century 1 Die Gewürzstraße
- Für Holzmeeple-Liebhaber – Century 2 Fernöstliche Wunder
- Für Brettspielsammler und -liebhaber – Beide Teile der Trilogie
Der Kniff ist, dass beide Teile miteinander kombiniert werden können. Der Titel lautet dann Century: Die Gewürzinseln. Auch dies haben wir probiert und waren positiv überrascht vom Ergebnis. Die Händlerkarten aus dem ersten Teil werden dem Material des zweiten Teils hinzugefügt. Die Mechanik variiert ein wenig und es entsteht weitere Spielvarianz. Ob dies nun eine Notwendigkeit ist, darf gerne als Frage in den Raum gestellt werden. Wir sehen es eher als eine nette Spielerei.
Alles in allem ist Century 2 – Fernöstliche Wunder ein kniffliges Rennen um die besten Gewürzkombinationen, welches mit viel schönem Material daherkommt und in ein paar Minuten erklärt ist. So eignet es sich perfekt als Einstiegsspiel für einen längeren Brettspielabend oder als ruhiger Absacker. Mir persönlich gefällt allerdings Century 1 Die Gewürzstraße aufgrund der Karten noch einen Tick besser! Die größere Interaktion der Spieler untereinander bietet aber zweifelsohne die Variante mit dem modularen Spielbrett aus Insel-Plättchen. Erhebt die Ingwertee-Gläser auf diese beiden gelungenen Brettspiele! Wir freuen uns schon auf Teil 3 und darauf unser Triptychon fertig ins Regal zu stellen. Legt man alle drei Teile des Gesellschaftsspiels nebeneinander ergibt sich nämlich ein wundervolles Bild. Da lacht das Künstlerherz.
meeplove bedankt sich herzlich beim zuständigen Vertrieb Pegasus Spiele für das überlassene Rezensionsexemplar.